Schadenersatz nach Tritt durch Pferd für Tierarzt

Urteil des Bundesgerichtshofs (Az. VI ZR 166/08)

Schadenersatz nach Tritt durch Pferd für Tierarzt ist rechtens

Ist ein Pferdetritt für einen Tierarzt ein berufstypisches Risiko? Diese Frage werden sicherlich die meisten Menschen mit einem eindeutigen "Ja" beantworten. Doch bedingt dieses berufstypische Risiko auch, dass eine Tierhalterhaftung ausgeschlossen werden kann? Mit dieser Frage hatte sich kürzlich der Bundesgerichtshof zu befassen.

Zugrunde liegender Sachverhalt

Ein Tierarzt wollte bei einem Pferd eine Fiebermessung rektal durchführen. Während der Messung trat das Pferd aus, traf den Tierarzt und fügte ihm erhebliche Verletzungen zu. Der Tierarzt verklagte schließlich die Halterin des Pferdes auf entsprechenden Schadenersatz.

Der Fall wurde zunächst am Landgericht Bochum verhandelt, nach der späteren Revision ging er vor das Oberlandesgericht Bochum. Beide Gerichte wiesen die Klage des Tierarztes ab. So stellten beispielsweise die Richter am Oberlandesgericht fest, dass der Tritt durch ein Pferd zu den typischen Gefahren für einen Tierarzt gehöre, und diesem somit kein Anspruch auf Schadenersatz zustehe. Zudem habe der Tierarzt auf eigene Gefahr gehandelt, so dass eine Haftung durch die Halterin in diesem Fall ausgeschlossen sei. Ein Tierarzt müsse generell damit rechnen, dass sich das Pferd bei einer rektalen Fiebermessung erschreckt und in der Folge austritt. Diese Entscheidung der beiden Gerichte wollte der Tierarzt jedoch nicht hinnehmen und legte auch nach dem Urteil des Oberlandesgerichts wiederum Revision ein, wodurch der Fall vor dem Bundesgerichtshof neu verhandelt wurde.

Die Richter am BGH kamen zu der Ansicht, dass der Ausschluss der Haftung durch die Halterin des Pferdes wegen des eigengefährdeten Handels des Tierarztes nicht gegeben sei. Die Richter führten weiter aus, dass sich der Tierarzt in diesem Fall nach einer konkreten Beauftragung durch die Halterin und somit aus einem triftigen Grund der bestehenden Gefahr ausgesetzt habe. Er habe keine andere Wahl gehabt, als sich dieser Gefahr auszusetzen, da er seiner vertraglichen Pflicht nachkommen musste, das Tier medizinisch zu versorgen. Daher könne ein Schadenersatz durch die Halterin nicht ausgeschlossen werden.

Grundsätzlich, so stellten die Richter am BGH weiter fest, könne niemand seinen Schadensersatzanspruch verlieren, der sich aus beruflichen Gründen einer Gefahr durch Tiere aussetzt und sich somit selbst gefährdet, ohne dass er dabei die vollständige Herrschaft über das Tier übernehmen kann. Konkret bedeutet das: Auch wer über die Gefahren seiner beruflichen Tätigkeit im Zusammenhang mit Tieren weiß, muss diese nicht als zwangsläufig gegebenes Risiko hinnehmen, sondern behält weiterhin seinen Anspruch auf Schadenersatz, wenn es einmal zu einem solchen Schaden kommt.

Die Richter am BGH behandelten den Fall allerdings über die hier mitgeteilten Informationen nicht weiter. Da das Oberlandesgericht in dem vorigen Prozess zu einem Mitverschulden des Tierarztes noch keine Feststellungen getroffen habe, hob der BGH kurzerhand das Berufungsurteil des OLG auf und wies diesem den Fall zu einer neuen Entscheidung zurück. Damit steht zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest, wie der Fall letztendlich ausgeht. Dennoch werden viele Tierärzte in Deutschland nach der Entscheidung des BGH aufatmen. Schließlich müssten diese befürchten, dass – wenn die Schadensersatzforderung des Tierarztes im Prozess abgelehnt worden wäre – sie zukünftig für eine durch ihren Beruf verursachte Verletzung überhaupt keinen Anspruch auf Schadenersatz mehr gehabt hätten – egal, wie sich diese Verletzung ergeben habe. Doch die Richter am BGH hatten offensichtlich ein Einsehen für die Gefahren, denen sich der Tierarzt Tag für Tag im Umgang mit seinen Patienten auszusetzen hat.

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